Kunst am Bau

2019 »Die öffentlichen Verleumder«
Entwurf für den Kunstwettbewerb »Gestaltung eines Gedenkortes in der Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche, Puchanstraße in Berlin Köpenick«

durchgeführt vom Fachbereich Kultur und Museum, Bezirksamt Treptow-Köpenick von Berlin
 
Während der »Köpenicker Blutwoche« wurden im Amtsgerichtsgefängnis Puchanstraße mehrere Hundert von der SA hierher verschleppte Menschen schwer misshandelt, gefoltert und zahlreiche Menschen ermordet. Mit der Audioinstallation »Die öffentlichen Verleumder« in einer ehemaligen Gefängniszelle soll ein Rahmen geschaffen werden zur emotionalen Verarbeitung der Informationen über die Ereignisse im Juni 1933. Gleichzeitig soll durch das gleichnamige Gedichts von Gottfried Keller dem Terror der SA ein Zeichen der Hoffnung und des Widerstands gegenübergestellt werden.

Gottfried Kellers Gedicht »Die öffentlichen Verleumder« von 1878, »das auf Hitler-Deutschland gemünzt [zu sein] scheint« (Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 8.12.1934), wurde während des Nationalsozialismus in Widerstandskreisen, im kirchlichen Umfeld und im privaten Bereich gelesen und weitergegeben, berichtet Hannah Arendt 1974 in einem Brief an Uwe Johnson. Das Gedicht beschreibt gleichermaßen prophetisch den Aufstieg Hitlers und die Situation nach dem Machtantritt der NSDAP, die u.a. im Terror der »Köpenicker Blutwoche« mündete: »Erst log allein der Hund, nun lügen ihrer Tausend … die Guten sind verschwunden, die Schlechten stehn geschart!« In der letzten Strophe wird jedoch die Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass diese »Not« »einstmals« vorübergehen wird. »Für mich ist diese Strophe des Gedichts immer der Weisheit letzter Schluss für die ganze Angelegenheit gewesen«, bemerkte Hannah Arendt dazu.

Kellers Gleichnis lädt außerdem die BesucherInnen des Gedenkortes ein, sich angesichts erstarkender populistischer Parteien sowie der Zunahme rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalttaten mit den neuen öffentlichen Verleumdern und den gegenwärtigen Gefährdungen unserer Demokratie auseinanderzusetzen – denn auf Worte folgen Taten.

Für die Wiedergabe einer Aufnahme des Gedichts wird ein aktiver Richtlautsprecher mit integriertem Bewegungssensor vorgeschlagen. Die letzte – hoffnungsvolle – Strophe soll in schwarzer Folienschrift auf der hinteren Wand unterhalb des Fensters angebracht und in der Raummitte ein Hocker platziert werden.
(aus dem Entwurfskonzept, Herbst 2019)

2018 »Der Humboldt-Katalog«
Kunst-am-Bau-Wettbewerb für das Humboldt Forum im Berliner Schloss, Entwurf für die Foyerwand 1. OG (HUF 3)
durchgeführt vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR
 


Der Humboldt-Katalog ermöglicht den Besuchern im Humboldt-Forum auf konzeptuelle Weise einen Einblick in Leben und Werk von Alexander und Wilhelm von Humboldt. Hierfür möchte ich auf ein inzwischen historisches Medium zurückgreifen, den Zettelkatalog bzw. dessen kleinste Einheit, den Katalogzettel, der das so genannte Katalogisat enthält, einen Datensatz, in dem nach festgelegten Regeln ein Buch oder ein anderes Medium formal und inhaltlich erschlossen und damit überhaupt recherchierbar wird. Eine Auswahl von bis zu 90 Katalogkarten aus den Zettelkatalogen der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität, der Staatsbibliothek zu Berlin und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin mit Titelaufnahmen von Einzel- und Werkausgaben, Handschriften, Brief- und biografischen Editionen von Alexander und Wilhelm von Humboldt soll ihre unterschiedlichen Interessen und Forschungsgebiete sowie das intellektuelle und private Umfeld von Alexander und Wilhelm von Humboldt dokumentieren.

Mit der Einführung der elektronischen Katalogisierung sind konventionelle Zettelkataloge weitgehend durch digitale Datenbanken und die Suche in elektronischen Suchportalen ersetzt worden. Bis heute aber sind konventionelle Kataloge vor allem für den Nachweis älterer Bestände und von Sondersammlungen in Gebrauch. Der Humboldt-Katalog soll das in den Zettelkatalogen gespeicherte Wissen und damit ein Stück Wissenschaftsgeschichte sichtbar werden lassen.Mit dem Humboldt-Katalog würde zudem auf symbolische Weise wieder eine »Bibliothek« in das Humboldt-Forum einziehen, in dessen Vorgängerbau, dem Berliner Stadtschloss, bis 1780 die Churfürstliche Bibliothek untergebracht war, aus der die Staatsbibliothek zu Berlin hervorgegangen ist.

Umsetzung:
Die ausgewählten Karten sollen in ca. 170 % der Originalgröße als Pigmentdrucke in Museumsqualität reproduziert werden. Jeweils sechs Karten werden nach thematischen Gesichtspunkten auf einem Blatt seriell angeordnet und mit einem Index versehen. Die Rahmen der unteren Reihe sollen in ca. 120 bis 155 cm Höhe einen „Textkorridor“ enthalten, in dem alle Titelaufnahmen transkribiert und mit der Angabe der besitzenden Bibliothek versehen werden. Neben der visuellen Anschauung ist damit für die Besucher die inhaltliche Erfassung aller ausgestellten Katalogkarten möglich. Analog zu Aufstellungsweise und Design der Katalogschränke sollen 15 Aluminiumrahmen in drei Reihen im Block angeordnet werden.
Gesamtgröße auf der Wand: ca. 400 x 425 cm.
(aus dem Entwurfskonzept, 2018)





Skizzen

2009 »Das Gedenkpult« 
2. Rang im Künstlerwettbewerb »Gedenkobjekt für die im Dienst umgekommenen Menschen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern«, Berlin


»Der Entwurf ist eine herausragende zeitgemäße Umsetzung der geforderten Aufgabe. Hervorzuheben ist der partizipatorische Charakter der Arbeit. Es wird Besuchern ein individueller, persönlicher Umgang mit dem Gedenken ermöglicht.«
(aus dem Protokoll der Preisgerichtssitzung am 21.4.2009)






















 


Das von mir vorgeschlagene Gedenkobjekt erfüllt zwei Funktionen. Der Wettbewerbsaufgabe gemäß, dient es dem offiziellen Gedenken der im Dienst ums Leben gekommenen Menschen und reflektiert gleichzeitig mit konzeptionellen Mitteln zeitgemäße Fragestellungen in der Gedächtniskultur. Der Entwurf möchte eine Form des Gedenkens finden, bei der die Nennung der Namen die Erinnerung an die Toten lebendig hält. Auf der geneigten Oberfläche des »Gedenkpults« soll eine bedruckte Glasscheibe angebracht werden. Darauf sind zwei A4-Seiten mit einer Namensliste der Toten abgebildet. Dabei ist es Teil des Konzepts, dass der Betrachter das Gedenken als individuelle Handlung begreift, da er nahe und lediglich allein an das Gedenkpult herantreten kann. Gleichzeitig wird die Person, welche das Dokument liest, durch die Ähnlichkeit der Skulptur mit einem Rednerpult implizit aufgefordert, den Umstehenden die Namen der Toten laut vorzulesen. Eine kleine Lampe auf der Oberkante des Pults beleuchtet das Dokument. Der intime Lichtschein lenkt die Aufmerksamkeit der Betrachter auf das Gedenkobjekt und schafft einen emotionalen Bezug.
(aus dem Entwurfskonzept)




















2012 »Aedificium Mariae«
2. Rang im Kunst-am-Bau-Wettbewerb Ersatzbürogebäude Umweltbundesamt Berlin-Marienfelde

 
Die Arbeit überzeugt durch den weitgespannten historischen Bogen, den sie herstellt. Sie spielt mit der Fiktion eines archäologischen Fundes mittelalterlicher Mosaiken, deren Motiv, das Wasser, zur Arbeit des UBA Bezug nimmt. Sie fügt sich plan in die unterschiedlichen Bodenmaterialien des Innen- und Außenraumes ein und streut einzelne Mosaikfragmente, die von den Benutzern des Hauses als Spuren gelesen werden können.
(aus dem Protokoll der Preisgerichtssitzung am 23.05.2012)


Mein Entwurf spielt mit einer Fiktion: Bei den Erdarbeiten zur Vorbereitung des Baugrundes für den Neubau des Bürogebäudes Haus 2019 wurden angeblich Mosaikfragmente einer Anlage freigelegt, die ich mit dem lateinischen Namen Aedificium Mariae – in Anlehnung an die Ortsbezeichnung Marienfelde – bezeichnet habe. Der Entwurf sieht vor, die Mosaiken an ihrem »Auffindungsort« wieder einzusetzen: Das größte Fragment, das eine 100 x 100 cm große Emblema enthält, im Boden des Foyers, die kleineren Fragmente in der Loggia und auf dem Weg zwischen Haus 2019 und dem bestehenden Laborgebäude. Um 75º gedreht, weichen die Mosaiken deutlich von der Ausrichtung des Gebäudes ab und können so nicht mit einer modernen Fußbodendekoration verwechselt werden. Das schlichte, aber eindrucksvolle Mosaik setzt einen ungewöhnlichen Akzent gegenüber der funktionalen, modernen Architektur und unterstreicht die besondere Qualität des Foyers.

Die Mosaizisten des Aedificium Mariae haben dabei auf ein antikes Flächenmuster zurückgegriffen. Für das zentrale Motiv der Emblema hingegen gibt es kein antikes Vorbild. Die lineare Zeichnung ähnelt einem Piktogramm. Unschwer lässt sich in den Wellenlinien und der Y-förmigen Figuration in der Mitte eine symbolische Darstellung von Wasser erkennen. Wasser ist eine überlebensnotwendige Voraussetzung nicht nur des menschlichen Lebens. In diesem Sinne lässt sich auch das zentrale Motiv des Mosaiks aus dem Aedificium Mariae verstehen.
(aus dem Entwurfskonzept)















2013 »Das Bäumchen«
Wettbewerb »Gedenken an die Baruch-Auerbach’schen-Waisen-Erziehungsanstalten für jüdische Knaben und Mädchen«, Berlin




 
Hinweis im Straßenraum

Auf der »Insel« des zukünftigen Erinnerungsortes steht eine geschützte Balsampappel. Links davon möchte ich ein ca. 3,80 m hohes, in Bronze gegossenes Bäumchen aufstellen lassen. Ohne Blätter und mit nur wenigen Ästen wirkt der abgegossene Baum fragil und verletzlich. Indem ich den Baum ins Zentrum meines Entwurfs stelle, knüpfe ich an seine zentrale symbolische Bedeutung im jüdischen Denken an. Der Mensch wird hier mit einem Baum verglichen, der wächst und fruchtbar ist. Im Hof des Auerbach'schen Waisenhauses gab es früher ebenfalls Kastanien. Auf der Grundlage dieses historischen Baumbestands und in Bezugnahme auf die Anne-Frank-Kastanie in Amsterdam habe ich mich bei meinem Entwurf für den Abguss eines jungen Kastanienbaumes entschieden. Unter dem Bäumchen sollen vier oder fünf Kastanien unregelmäßig verteilt werden, die ebenfalls in Bronze abgegossen sind. Wie viele Kinder haben sicher auch die Kinder des Waisenhauses im Herbst Kastanien gesammelt und damit gespielt. Durch die Kastanien aus Bronze, die die Besucher des Erinnerungsortes scheinbar aufheben können, wird dieses Moment in die Gegenwart transportiert.
Mein Entwurf beinhaltet außerdem drei Elemente mit Text: Die Namen der 137 ermordeten jüdischen Kinder und ihrer zehn BetreuerInnen aus dem Auerbach'schen Waisenhaus sollen in eine Tafel aus Bronze gelasert werden. Links vom Bäumchen soll vor der Mauer eine Stele mit Informationen über die Geschichte des Waisenhauses aufgestellt werden. Die Informationsstele hat die gleichen Abmessungen wie der Hinweis im Straßenraum. Beide Stelen werden nach einem ähnlichen Layout mit Fotos und Text digital bedruckt. 
(aus dem Entwurfskonzept)